Reise in den Urlaubsgarten im Senegal

Ende Januar flog ich in die Casamance, um meinen "Urlaubsgarten" zu besuchen. Eine Heilgartenparty in unserem Garten in  Mähringen im Sommer 2019 erbrachte einiges an Geld, mit dem bis zu meiner Ankunft in Abéné im zurückliegenden Januar Mauersteine aus Beton hergestellt werden konnten. Mauern sind in diesem Dorf sehr wichtig. Sie hindern die umherziehenden Rinderherden daran, in die Gärten einzudringen und die Pflanzen abzuknabbern. Um nicht zu viele Mauern zu haben, werden zwei Seiten des circa 20 Ar großen Grundstücks mit einem traditionellen Zaun eingefriedet. Für diesen werden gespaltene Holzpalisaden im Abstand von etwa 40 cm in den Boden gerammt und mit Stacheldraht zusammengebunden. Oft werden zusätzlich vertikale Zweige von Ölpalmen eingesteckt. Geeignetes Holz zu finden wird jedoch leider immer schwieriger (und damit teuer), denn viele Wälder sind verloren.

Das Grundstück wurde schon im Winter 2019 grob gerodet. In den vergangenen Wochen reduzierte ein Arbeiter nochmals den Bewuchs. Bäume und Lianen mit Heilwirkung blieben stehen und bilden nun die Basis für das dringend benötigte Schattendach.

Ich konnte in diesem Jahr viel Zeit damit verbringen, andere Gärten zu besuchen und bin der Frage, " was ist ein Garten im ländlichen Südsenegal", etwas mehr auf die Spur kommen. Ich wollte keinen deutschen Garten planen, sondern lernen, wie "Garten" in der Casamance funktioniert. Ich habe mich hingesetzt und mein Skizzenbuch ausgepackt.

Im Senegal, wie übrigens auch in Deutschland ist das eine gute Möglichkeit, leicht mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Ich habe gezeichnet, nach Pflanzen gefragt, habe mir die Heilwirkung erklären lassen, und zum Schluss waren wir bei den Kindern angelangt. Sehr, sehr nett solche Gespräche.

Grob zusammengefasst konnte ich drei verschiedene Gartentypen kennenlernen, und es gibt sicherlich noch ungezählte Varianten mehr:

1. Üppige, traditionelle Gemüsegärten werden in der Regel von Frauen bewirtschaftet. Zu dieser winterlichen, trockenen Jahreszeit werden vor allem Zwiebeln, und noch mehr Zwiebeln angebaut (und verkocht, kein Essen ohne Zwiebeln:-)). Zusätzlich Salate, Auberginen und Tomaten. Zitrusfrüchte, Papaya und Bananen waren reif und wurden auf den Märkten verkauft. Leider verpasste ich die Ernte der erst im April reifen Mangos. In der Regenzeit wird in Gärten und auf Feldern von Frauen Reis angebaut.

2. Die Casamance, im Übergang der Sahelzone zu den Tropen gelegen, hofft auf  Einnahmen durch den Tourismus. Viele Campements (größere Anwesen, die angepassten Tourismus anbieten) warten auf Urlaubende aus Dakar, der Hauptstadt des Senegal, den Mahgrebstaaten oder  aus Europa. Zu diesen Häusern gehören in der Regel riesige Gärten, die mit viel Liebe (und Wasser) gepäppelt werden. Beliebt sind Alleen aus Ölpalmen, die auf zentrale Gebäude zuführen. Mit einer Unterpflanzung aus Stauden und Kleinsträuchern erinnern diese in ihrer symmetrischen Ausrichtung etwas an vergangene französische Parkgestaltung.

3. Und dann gibt es leidenschaftliche Gärtnerinnen und Gärtner, die sich ganz dem System der Permaculture verschrieben haben. Permaculture sénégalaise heißt, dass mit großer Umsicht Erosion und Humusverlust der Böden vermieden wird, dass für ausreichend Schatten durch hohe Bäume gesorgt wird und dass vielfältige Pflanzen in den darunterliegenden Beeten gewässert und beschattet wachsen und geerntet werden. Erde wird aus bewässerten dürren Blättern gewonnen. Es geht bei diesen Gärten weniger um einen dekorativen Ansatz, mehr um eine Weiterentwicklung der traditionellen Gemüsegärten mit neuen Methoden.

Wir haben uns immer wieder im Team mit Gartenbesitzer Sékou und uns beratenden Chefgärtner Ansoumana aus dem Permaculture- Garten in Kafountine (10 km entfernt von Abéné) getroffen, um an der Zielsetzung und Planung der Beete in "unserem" Garten zu arbeiten. Permaculture soll die Überschrift sein, unter der der Garten bewirtschaftet wird.
Schwerpunktmäßig sollen Medizinalpflanzen wie Moringa oder Artemisia wachsen, die verkauft oder abgegeben werden können. Gleichzeitig soll er Zentrum für das Unterrichtsfach "Permaculture" für die benachbarte Schule " Mandela Adult School" werden. Viele der (älteren) Menschen, die ich kennengelernt habe, kennen sich gut mit Heilpflanzen aus.  Ihr Wissen ist ein reicher kultureller Schatz, der in solchen Gärten bewahrt und präsentiert werden kann.

Ein Plan ist entstanden, der eine Richtung für die kommenden Monate vorgibt. Ein Teil des Gartens wird von einer jungen Frau in der Regenzeit mit Reis bepflanzt werden. Es werden für Versammlungen und schulische openair-Angebote Aufenthaltsbereiche unter hohen Bäumen entstehen, ganz nach dem traditionellen Vorbild der Palaverbäume.

Ich habe viel gelernt über westafrikanische Heilpflanzen und das Leben in der Casamance. Und freue mich, wenn ich den Garten weiter als Lernende begleiten darf.

Corona ist nun auch im Senegal angekommen. Die Arbeiten im Garten wurden eingestellt. Mit schwerem Herzen denke ich an all die wunderbaren Menschen, mit denen ich 5 Wochen zusammenlebte, und wünsche ihnen und ihren Familien alles Gute.